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Leichtathletik in Gomaringen

Sie bewegen was: Wie die Gomaringer Leichtathleten den ganzen Ort in Schwung bringen

Einer der denkwürdigsten Momente für die Organisatoren von „Wir bewegen was“: Fünf Jahrgänge machten 2011 auf dem Schlosshof Sport. Archivbild: Rippmann

Quelle:
www.tagblatt.de
von Gabi Schweizer

Sie bewegen was

Wie die Gomaringer Leichtathleten den ganzen Ort in Schwung bringen

Kaum ein Verein, der in jüngster Zeit so viele Preise gewann wie der Gomaringer Förderverein Leichtathletik. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er nicht nur auf Begabtenförderung setzt, sondern auf Angebote für alle. Kirsten Gaiser-Dölker und Alexander Seeger aus dem Vorstand berichten über Sport ohne Alkohol, Mega-Events auf dem Schlosshof und eine verpatzte Kugelstoß-Karriere.

Gomaringen. Als zum Training ein Filmteam anrückte, wussten die Gomaringer Leichtathleten: Auf dem letzten Platz können sie nicht gelandet sein. Aber dass es ein erster Platz werden würde beim Ehrenamtspreis „Echt gut“ des Landes – das war ihnen bis zur letzten Minute nicht klar. Als dann beim großen Empfang in Stuttgart in allen anderen Kategorien nur die Sieger im Film gezeigt wurde, war es für Kirsten Gaiser-Dölker an der Zeit, mächtig nervös zu werden. Nicht nur sollte sie die Auszeichnung auf der Bühne von Ministerpräsident Winfried Kretschmann persönlich entgegen nehmen, sie sollte auch Fragen beantworten. „Bitte machen Sie’s kurz“, flüsterte sie dem Moderator noch zu. Überflüssig zu sagen, dass die Frau, die so viel Zeit ehrenamtlich in die Gomaringer Leichtathletik investiert, alles souverän meisterte.

Sport soll Spaß machen. Wenn Vorschulkinder beim jährlichen Aktionstag „Wir bewegen was“ einen Fitness-Parcours durchlaufen, sollen sie Lust zum Weitermachen bekommen. In Gomaringen gelingt das. Die Leichtathletikabteilung ist mit ihren 300 Aktiven – nach dem Fußball – die größte im örtlichen Turn- und Sportverein. Ihr gehören Talente wie die Zwillinge Anja und Nadja Bork, Kerstin Marxen und Stefan Hettich an, die der Fördervereins-Vorsitzende Alexander Seeger trainiert. Doch die allermeisten Mitglieder sind Fünf- bis 16-Jährige, die unterm Motto „Gesund aufwachsen in Gomaringen“ und „Kinder stark machen“ Sport treiben.

Gesunde Lebensweise beinhaltet nicht nur Bewegung. Der Förderverein macht mit bei der landesweiten Initiative „alkoholfrei Sport genießen“. Und weil Erwachsene gute Vorbilder sein sollen, gibt es auch für sie bei der Kinderweihnachtsfeier konsequent keinen Sekt. Gaiser-Dölker und Seeger möchten sich dabei ganz und gar nicht als strikte Alkohol-Gegner verstanden wissen. Sie trinken gerne mal ein Glas Wein. Aber alles zu seiner Zeit: „Sie würden uns nie mit der Bierflasche auf dem Sportplatz erleben!“ Ein Konzept, dass zunächst nicht bei allen Sportler-Kollegen auf Verständnis stieß.

Kirsten Gaiser-Dölker und Alexander Seeger, nicht nur im Verein ein gutes Team, sondern auch im Privatleben ein Paar, haben beide selbst Kinder. Gaiser-Dölkers Tochter gehört zur ersten Generation von „Wir bewegen was“. In ihrem letzten Kindergartenjahr hat sie beim Aktionstag mitgemacht – das war 2007. „Damals wurde das schon ein bisschen aus Eigeninteresse entwickelt“, gibt ihre Mutter zu. Und fügt schnell hinzu: „Es sind ganz schöne Zahlen, die wir vorweisen können.“ Denn 780 Mädchen und Jungen – also alle Gomaringer Schulanfänger seit 2007 – hat der Verein in Bewegung gebracht. Und rund die Hälfte, so schätzt Gaiser-Dölker, war danach noch in der Leichtathletik aktiv – im Verein oder beim Ferienprogramm. Die TSV-Abteilung hat auch Zulauf aus den Nachbargemeinden.

Seeger weiß: Kinder testen oft mehrere Sportarten aus und merken irgendwann, ob sie eher Mannschaftssportler oder Einzelkämpfer sind. Sein 15-jähriger Sohn ist vom Fußball wieder zur Leichtathletik zurückgekommen. Gaiser-Dölkers Tochter geht mittlerweile in die siebte Klasse – und reitet. Und ihr Sohn? „Er wird eher Musiker.“ Die Mutter nimmt es mit Humor. Sie hat selbst eine ganz ähnliche Sportler-Laufbahn hinter sich wie ihre Tochter: „Mein Vater war Gründer der Leichtathletik in Gomaringen. Er wollte eine Kugelstoßerin aus mir machen. Aber dann habe ich mit zwölf ein Pferd gekriegt“ – auf Fürsprache der Mutter, die den Kugelstoß-Plänen wenig abgewinnen konnte. Seeger wiederum ist Sohn eines Leichtathletiktrainers und war zu Jugendzeiten ein „mittelmäßiger Sprinter“. Er hat dann Sportwissenschaften studiert, wollte Lehrer werden. Und ist heute froh, dass er es nicht getan hat: „Ich bin zu ungeduldig.“ Heute ist er hauptberuflich bei der Unfallkasse Baden-Württemberg angestellt: „Mein Hobby beginnt um 17 Uhr“, sagt der 47-Jährige, der allein im vergangenen Jahr 900 ehrenamtliche Trainerstunden gegeben hat. Zudem ist er Leichtathletik-Bundestrainer auf Honorarbasis.

Es ist dem Förderverein allerdings wichtig, dass Kinder ungeachtet ihrer Begabung miteinander Sport machen können – gewaltfrei und ohne ausgelacht zu werden. Niemals würde der Verein kundtun, wer auf Platz 27 gelandet ist. „Es gibt drei große Gewinner, und alle anderen sind unsere ausgezeichneten Athleten“, formuliert Gaiser-Dölker diplomatisch. „Für uns ist schon derjenige ein Gewinner, der ins Training kommt.“ Seeger weiß auch, wie wichtig Inklusion ist: Seine 16-jährige Tochter hat Down-Syndrom und war bis vor Kurzem in der Leichtathletik aktiv.

Die Inklusion und die Idee des Breitensports sind sicher Aspekte, die die jeweiligen Jurys überzeugt haben. Die vielen Preise sind aber auch auf das große Engagement von Kirsten Gaiser-Dölker zurückzuführen: Im Hauptberuf ist die gelernte Kauffrau Hausfrau und Mutter, „nebenbei“ aber schwer aktiv – zum Beispiel als Trainerin der „Kleinen“. Die Bewerbung zum „Best Practice“-Modell beim Deutschen Leichtathletikverband war aufwändig wie ein halber Roman. Auf 86 Seiten schilderte Kirsten Gaiser-Dölker „in akribischer Kleinarbeit“, was die Gomaringer Leichtathleten anbieten. Der Aufwand hat sich gelohnt: Die Leichtathleten wurden zum Best Practice-Modell gekürt, und nicht nur das: Weil die Präsentation nun schon mal da war, reichte Kirsten Gaiser-Dölker sie auch beim Deutschen Olympischen Sportbund und den Volksbanken-Raiffeisenbanken für den Wettbewerb um die „Sterne des Sports“ ein.

Auf Landesebene wurde der Verein prompt mit einem Silbernen Stern ausgezeichnet und darf nun am 13. Januar in die nächste Runde nach Berlin. Theoretisch könnte es also auch für einen Großen Stern in Gold reichen – aber darauf zu spekulieren fänden Gaiser-Dölker und Seeger vermessen. Immerhin haben sie allein im vergangenen Jahr noch zwei weitere Auszeichnungen bekommen: den Ehrenamtspreis „Echt gut“ des Landes und den Lotto-Award. Unterm Strich sind das 12 500 Euro. Geld, das sehr willkommen ist – nicht nur für die Trainer, die eine Aufwandsentschädigung bekommen, sondern auch für Geräte. Und der Verein denkt darüber nach, das geplante Trainingslager für Familien mit geringem Einkommen umsonst anzubieten. Dienstags und freitags kommen an die 100 Kinder ins Training. „Da kann ich nicht eine Bahn Hürden aufstellen“, fasst Kirsten Gaiser-Dölker die Problematik zusammen. Mittlerweile finanziert die Leichtathletik einen Sportler im Freiwilligen Sozialen Jahr mit, der die Kooperation mit der Schloss-Schule unterstützt.

Als nächstes, so prognostiziert Alexander Seeger, folge das Projekt „Gesund leben in Gomaringen“. Auch Ältere sollen Fitness für sich entdecken. Immerhin sind unter den aktiven Leichtathleten auch 25 Erwachsene, die Leichtathletik machen – zum Spaß und ohne Wettbewerbscharakter.

Die Leichtathleten und ihr FördervereinDie Gomaringer Leichtathletik ist eine Abteilug des Turn- und Sportvereins. Jene kümmert sich um alles Sportliche. Der Förderverein Leichtathletik wiederum ist für alles zuständig, was darüber hinausgeht: Kooperationen mit der Schloss-Schule und der Maria-Sibylla-Merian-Realschule und Sport-Aktionstage zum Beispiel. Der Förderverein hat offiziell die ganzen Preise gewonnen, jedoch betonen die Vereinsvorsitzenden, die „Gomaringer Leichtathletik“ sei Preisträger – damit sind alle gemeint. Der Förderverein Leichtathletik wurde 2006 gegründet und hat 2007 seine Arbeit aufgenommen. Er hat 30 Mitglieder und versucht vor allem, Kindergarten- und Schulkinder in Bewegung zu bringen. Der Verein organisiert das Hallensportfest samt Cup, zu dem zahlreiche Kinder von außerhalb nach Gomaringen kommen, und ist Erfinder der Aktion „Wir bewegen was“.